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AN(GE)DACHT

Liebe Leserin, lieber Leser,

„Mahrzahn, mon amour“, so heißt ein Buch, das ich im Moment mit Freude lese. Katja Oskamp hat es geschrieben. Sie lebt in Mahrzahn, einem Stadtteil im Nordosten Berlins. Die Wohnungen sind günstig und die Umgebung ist grün. Aber Marzahn hat keinen guten Ruf. Es ist ein großes Plattenbaugebiet. Anonym, farblos, trostlos wirken die Hochhäuser.

Aber Katja Oskamp hat genau dort ihr Glück gefunden. In einer persönlichen Krise hat sie eine Ausbildung zur Fußpflegerin gemacht. Eigentlich ist sie Schriftstellerin, leider keine besonders erfolgreiche. Bei ihrer neuen Arbeit lernt sie, während sie sich um deren Füße kümmert, auch die Menschen mit ihren Lebensgeschichten kennen. In ihrem Buch beschreibt sie in kleinen Porträts, wie viel Leben, Liebe, Schicksal und Würde in diesen Plattenbauten wohnen. Keiner der Menschen bleibt farblos, anonym oder trostlos. Alle haben ihre Schönheit, ihre Besonderheit und ihre Kraft.

Und zwischendrin schreibt Katja Oskamp auch von sich – und wie es ihr mehr und mehr gelingt, sich selbst so anzusehen wie ihre Kundinnen und Kunden. Sie ist nicht länger irgendeine Frau mit einer Lebenskrise. Sie ist schön, besonders, voller Kraft, ihr Leben zu meistern. Die Zuwendung, die sie anderen gegeben hat, ist als Kraft zu ihr zurückgekommen.

Ich weiß nicht, ob Katja Oskamp die Geschichte in der Bibel kennt, in der Jesus zum Fußpfleger wird. Der Evangelist Johannes erzählt, wie Jesus sich einmal vor jeden seiner Jünger kniet und ihnen die Füße wäscht und abtrocknet. Ein bisschen peinlich berührt sind sie und verstehen nicht richtig, warum Jesus das tut.

Sie bekommen eine Antwort: „Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr tut, wie ich euch getan habe“ (Johannes 13,15). Das alles geschieht an ihrem letzten Abend, kurz bevor Jesus gefangen genommen wird. Er gibt damit den Jüngern, und uns, ein Beispiel, ein Vermächtnis.

Wo wir in einem Menschen seine/ihre Schönheit, Besonderheit und Kraft entdecken, wo wir uns anderen liebevoll zuwenden, da kann etwas neu werden, bunt und hoffnungsvoll.

Für die Passions- und Osterzeit, die jetzt vor uns liegt, wünsche ich Ihnen Gottes Segen.

Ihre Pfarrerin

Kathrin Brozio


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