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AN(GE)DACHT

Liebe Leserin, lieber Leser,

der Blick fällt bei diesem Bild zuerst auf die beiden Hände. Nach meinem Eindruck passen sie nicht richtig zusammen. Die eine Hand sieht kräftig aus, die andere ist zart und feingliedrig. Es ist nicht zu sagen, ob es Männer- oder Frauenhände sind.

Wie auch immer: Diese Hände liegen schützend und liebevoll, wie  zum Segen, auf dem Rücken des Mannes.

Das Bild stammt von dem niederländischen Künstler Rembrandt. Es ist der Ausschnitt eines größeren Gemäldes mit dem Titel: „Die Rückkehr des verlorenen Sohnes“. Dargestellt ist der Sohn, der mit Scham nach Hause zurückkommt, nachdem er in der Fremde Höhen und Tiefen erlebt und sein ganzes Erbe verbraucht hat. Dahinter ist der Vater zu sehen, der ihn ohne Vorhaltungen einfach voller Liebe empfängt (Lukas 15, 11-20). Dieser Vater wird in der Bibel mit

Gott verglichen.

Rembrandt hat drei Jahre lang an dem Gemälde gearbeitet. Es ist sein letztes Werk. Eigene Lebens- und Glaubenserfahrungen finden darin Ausdruck. Er malt die zärtlichen Hände männlich und weiblich, väterlich und mütterlich zugleich. Und ich denke, er drückt damit etwas über sein Bild von Gott aus.

In den letzten Jahren ist die Sensibilität für Sprache und (Sprach-) Bilder gewachsen. Vielen Menschen ist es wichtig, dass sie eine Sprache gebrauchen, die nicht bestimmte Personengruppen ausschließt oder verletzt. Der Blick ist offener geworden für die Vielfalt von Menschen und für die sehr unterschiedlichen Möglichkeiten zu sein und zu leben.

Wie wichtig ist es, dass wir diese innere Weite auch in unserem Glauben, in unserem Reden und Denken von Gott haben? Gott ist kein Mann. Und auch keine Frau. Gott ist anders, als wir denken und größer als unser Herz (1. Johannes 3,20).

Das wusste schon Rembrandt vor knapp 400 Jahren. Sein Bild erinnert mich daran, weiter und freier von Gott – und von Menschen – zu denken, als in meinen oft festgelegten inneren Mustern. Und offen zu sein für die so vielfältigen Segensspuren, die Gott in das Leben von Menschen zeichnet.

Seien Sie auf allen Wegen gut behütet.

Herzliche Grüße

Kathrin Brozio


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